Das Start-up RobCo hat das Potential für die Automatisierung von Prozessen in kleinen und mittelständigen Unternehmen erkannt. Das Unternehmen setzt mit seinen modularen Robotersystemen an dieser Stelle an. Damit Sie besser verstehen können, wo die aktuellen Herausforderungen in der Robotik liegen, hat TQ-Drives-Vertriebler Lukas Ginner den Mitgründer und CEO von RobCo, Roman Hölzl, interviewt und zu diesen Themen befragt.
Herzlich willkommen, Roman. Ich hoffe, du hast jetzt auch das gute Wetter und den Neuschnee genutzt und warst Skifahren.
[lacht] Erstmal: Danke für die Einladung zum Interview! Richtig, ich war am Wochenende in den Bergen unterwegs. Wir hatten Traumwetter und ich konnte Energie für die kommenden Wochen tanken.
Das glaube ich dir auf’s Wort! In der Natur abzuschalten hilft um durchzuatmen und sich wieder mit frischem Kopf auf die Arbeit zu konzentrieren. Wenn wir schon von Arbeit sprechen - stell’ uns doch mal kurz vor, was ihr bei RobCo macht und woher ihr kommt.
Meine Mitgründer Paul, Constantin und ich teilen eine Leidenschaft: Die Robotik. Wir haben uns während unserer Forschungsarbeit am Lehrstuhl für Robotik und KI der TU München kennengelernt — einem der führenden Robotik-Institute in Europa. Unser gemeinsamer Fokus lag auf modularer Robotik. Anfang 2020 haben wir den Schritt gewagt von Forschern zu Unternehmern zu werden und die RobCo GmbH gegründet. Jetzt, also zwei Jahre später, arbeiten wir mit mittlerweile über 25 Mitarbeitern intensiv an unserem modularen Roboterbaukasten und der Plattform.
Im Vorgespräch hast du da schon was angedeutet - welche große Herausforderung habt ihr vor Kurzem bei RobCo gelöst?
Genau, wir haben für diese Phase im Endeffekt drei große Herausforderungen, die wir meistern wollen. Eine dieser drei Challenges ist, dass unser Produkt in einem hoch regulierten Markt natürlich sicher und zertifiziert funktionieren muss. Dieses wichtige Thema haben wir jetzt abgeschlossen. Wir haben die Zertifizierung nach der ISO10218-1 (Industrieroboternorm) mit allen dazugehörigen Subnormen und relevanten Normen. Damit sind wir einer der schnellsten Player in Europa mit einem zertifizierten und sicheren Produkt.
Wow - Gratulation auch noch mal im Namen von TQ. Lass uns nun etwas mehr auf das Thema Unternehmertum eingehen. Wie war das letzte Jahr für euch?
Also, am Anfang ging es natürlich erstmal um die Frage, wie man so ein kapitalintensives Produkt überhaupt auf die Beine stellt. Wir bauen Hardware, müssen also Komponenten einkaufen und haben darüber hinaus auch noch einiges an Software. Am Ende brauchen wir natürlich auch die smarten Köpfe, die das alles entwickeln, bedienen und bauen können. Zu Beginn sind wir mit einem Technologietransferprogramm der EU und des Deutschen Wirtschaftsministeriums gestartet. Damit konnten wir den ersten Schritt von der Forschung in die Praxis machen. Im April 2021 hatten wir dann unsere erste externe Finanzierungsrunde mit Freigeist, dem Deep Tech Investment Fonds von Frank Thelen und seinem Team. Darüber hinaus konnten wir noch einige Privatpersonen als Investoren gewinnen. Damit wurde eine wichtige Grundlage geschaffen, um unsere Wachstumsziele für dieses Jahr erreichen zu können, indem wir weiter in Talente, Produktionsaufbau und Produktentwicklung investieren.
War die deutsche Bürokratie auch eine Herausforderung für euch?
Die Unternehmensgründung war vom Prozess her einfacher als gedacht. Viel schwieriger ist der Unternehmensaufbau und dabei vor allem die richtige Mannschaft an Bord zu kriegen. In so einer frühen Phase ist das Team das A und O um die Weichen für die Zukunft richtig zu stellen. Hier konnten wir aber Anfang des Jahres ein paar sehr erfahrenen Branchenexperten von RobCo überzeugen, um gemeinsam die nächsten Meilensteine zu erreichen.
TQ und RobCo sind ja beide in der Robotik. Wohin denkst du entwickelt sich die Robotik in Zukunft?
In der Industrie und der Logistik sind 9 von 10 Unternehmen kleine oder mittelständische Unternehmen — weltweit. Davon haben 90% keine Automatisierungslösung im Einsatz. Ein Großteil der Arbeitsabläufe sind noch manuell. Um ein paar Beispiele zu nennen: Es geht vom Bekleben von Bauteilen, über das Be- bzw. Entladen von Maschinen hin zum Verpacken von Teilen, Schweißen oder Palettieren von Kartons. Mit über 10 Millionen kleinen und mittelständischen Unternehmen weltweit und einem so geringen Automatisierungsgrad ist das Potenzial für unsere Lösung gewaltig.
Wenn das Potenzial so groß ist, warum wird dann der Markt nach wie vor so stark vernachlässigt?
Wir sehen den Grund dafür vor allem bei drei Herausforderungen: Erstens, der Preis und somit auch die Zeit, innerhalb der sich die Investition rechnet, muss stimmen. Zweitens muss die Produktverfügbarkeit gegeben sein. Bei den großen Wettbewerbern müssen Kunden teilweise über 12 Monate auf ihren Roboter warten. Das passt einfach nicht zur Geschwindigkeit und der Dynamik im Mittelstand. Hier wird eher auf die Uhr als auf den Kalender geschaut [lacht]. Der dritte Punkt ist die Anpassbarkeit beziehungsweise die Flexibilität. Wir beobachten bei KMUs* eine höhere Produktvielfalt und kleinere Stückzahlen. Wichtig ist hier lokale Fertigung, schnelle Anpassungsfähigkeit bei neuen Aufträgen und kurze Lieferketten. Deshalb schreiben wir uns folgendes auf die Fahne: Availability, Affordability und Adaptability. Unser Ziel ist es, den deutschen Mittelstand zu unterstützen und international wettbewerbs- und zukunftsfähig zu machen.
*kleine oder mittlere Unternehmen
Das Konzept des modularen Roboters ist auf dem Markt einzigartig. Erklär uns doch bitte, was euch hier ausmacht und wie ihr euch vom Rest abhebt.
Wir gehen drei Themen substanziell anders an als andere Player. Wir bieten einen standardisierten, modularen Baukasten an. Daraus kann man sehr einfach etliche verschiedene Roboterarm-Kinematiken aufbauen. Punkt zwei ist unsere Software. Für jeden Roboter generieren wir einen digitalen Zwilling, der aus jedem Modul die kinematischen und dynamischen Daten ausliest und anschließend ein digitales Modell aufbaut. Basierend darauf berechnen wir im tausendstel-Millisekunden Bereich, welche Position, welcher Motorstrom und welches Drehmoment zu welcher Zeit an welche Achse müssen, damit sich der Roboter am Ende geschmeidig bewegt. Der dritte Punkt ist, dass Kunden ihren Roboter aktuell noch selten selbst aufbauen. Um einen Generalunternehmer kommt man in der Robotik aktuell leider nicht herum. RobCo bietet deshalb ein Gesamtpaket aus Hard- und Software an — sozusagen ein “schlüsselfertiges“ Robotersystem. Wir wollen aber noch einen Schritt weiter gehen. Unsere Vision ist, dass jeder Fertigungsleiter oder Werksmitarbeiter selbst einen RobCo aufbauen kann. Diese Kombination aus Hardware, Software und Integrationsdienstleitung unterscheidet uns am Ende auch von den überwiegend asiatischen und amerikanischen Mitbewerbern.
Man merkt schon sehr schnell, wie komplex die Robotik eigentlich ist und wie viele unterschiedliche Komponenten mach braucht, um am Ende wirklich erfolgreich zu sein. Ein wichtiger Teil bei Robotern ist da natürlich auch die Antriebstechnik. Worauf kommt es hier bei euch an?
Wir brauchen vor allem einen Motor mit einer hohen Drehmomentdichte und einfacher Integration, damit er in unser Modulkonzept passt. Wir haben hier anfangs mit einigen Motoren experimentiert, dann relativ schnell die ILM-E Motoren aus eurem Hause verwendet, da das Preis-Leistungs-Verhältnis einfach passt. Wir verstehen uns als deutsches Unternehmen von Machern für Macher. Da ist es natürlich attraktiv, sich an einem Freitagmorgen von München aus 30 Minuten ins Auto zu setzen und einen der wichtigsten Zulieferer zu besuchen. Am Ende profitieren wir gemeinsam vom gegenseitigen Wachstum und können Unternehmen helfen, innovative Technologien in Deutschland aufzubauen.
Das nenne ich mal ein schönes Schlusswort, bei dem ich es gerne belasse. Vielen Dank für deinen Besuch und die spannenden und interessanten Einblicke, Roman.
Danke euch für die Einladung!